Thursday, October 08, 2009

Per Pedes durch den "Pimmel"

Samstag, 03.10.09, 10:30

Ein Schwarm Vögel zieht seine Kreise vor der wolkenverhangenen Sonne, wenn ich aus dem Fenster des Zuges zur Grand Central Station gen Himmel schaue. Es ist Oktober, es ist verhältnismäßig ziemlich warm und fast zwei Monate meines Auslandsaufenthaltes liegen hinter mir. Die Kopfhörer drücken mir Elektronisches von Stephan Bodzin auf die Ohren. Ein Stück Zuhause muss jeden Tag sein. Gestern Abend war es ein kühles Becks. Unbezahlbar, der erste Schluck. Vorbei an den typischen Backsteinblocks der Bronx, steuere ich in diesem Moment direkt einer Entdeckungstour durch den südlichen Teil Manhattans mit meinem Tour-Guide Lisa entgegen. Der Regen von letzter Nacht hängt zwar noch in meinem Kopf und mein träges Hirn arbeitet in Zeitlupe, aber das muss ja nichts heißen.

„…these streets will make you feel brand new, big lights will inspire you! ...now you’re in New York” (Jay-Z/Alicia Keys)

10:53 pm

Gleicher Ort bei Nacht. Der Zug fährt mich durch die Dunkelheit wieder “nach Hause”. Ich höre Radioheads „Blackstar“, von denen ich in einem abgeranzten Plattenladen in Soho eine Ansammlung aller, ja wirklich aller ihrer Alben auf Vinyl bewundern durfte. Irgendeine Schrummelmucke lief in dem Kabuff und die Verkäuferin hat nicht mal gegrüßt, aber trotzdem war es ein angenehm cooler Start für den Tag in der Stadt. Dumm nur, dass mir fünf Minuten später auffiel, dass der Kameraakku alle ist. Keine Fotos – schlechte Laune. Zumindest mal hab ich mich ziemlich geärgert. Nach Soho, führte mich Lisa dann nach Little Italy, Chinatown und East Village. Ebenfalls das ganze Inventar hätte ich im CBGB-Store kaufen wollen („CBGB“= Country, Blue Grass and Blues), einem Laden, der früher ein Club war, in dem Bands wie die Ramones, Blondie, The Police und so viele andere spielten. Signierte Schwarzweißfotografien aus vergangenen Jahrzehnten von Künstlern wie Angus Young oder David Bowie hingen an den Wänden, sowie E-Gitarren oder aus damaligen Konzertnächten überdauerte Stickerrückstände. Leider sind die Klamotten des Designers, der den Laden aufgekauft hat, nur für Männer. Heute war einer der wenigen Momente, in denen ich hätte das Geschlecht wechseln wollen. ^^ Chinatown, die größte Ansammlung von Chinesen außerhalb ihres eigenen Landes, fühlte sich wie angekündigt nach einer ganz eigenen, anderen Stadt an. Ähnlich wie Neukölln in Berlin. Lisa füllte die Tour mit ihrem anlässlich des heutigen Tages angeeigneten Hintergrundwissen und man lese und staune: ca. 55% der Chinatown-Bevölkerung spricht kein Englisch. Unter einem Schirm mit Leopardenmuster liefen wir gemeinsam durch strömenden Regen der City und patschten wie Kleinkinder mit unseren Gummistiefeln durch Pfützen. Merke: niemals bei Regenwetter ohne Gummistiefel in die Stadt gehen, denn die Pfützen auf Straßen und Fußgängerwegen können ungelogen knöcheltief sein. Ecke 1. Avenue / 11. Straße glitzerten die Regentropfen, die vom Himmel fielen im Sonnenlicht. Absolut synchron setzten wir beide ein ziemlich zufriedenes Lächeln auf und wären vor lauter Träumerei beinahe mitten auf der Straße stehen geblieben. Nach einem Kinobesuch im Village, gab’s zum Abschluss eine Fahrt auf der Fähre nach Staten Island. In der feuchtwarmen Abendbrise lehnten wir über dem Geländer und ließen die Millionen von Lichter auf uns wirken und stellten mal wieder fest, dass alles noch viel schöner wäre und mehr Sinn ergeben würde, wenn es noch ein paar mehr Menschen – die weit weg wohnen - miterleben würden.

Mittwoch, 07.10.09

Zum Sonntag sag ich nur Folgendes:

Catarina: „Caro, was hast du eigentlich für eine Augenfarbe?“

Caro: „..ähm.. pff.. hm naja….“

Lisa R.: „Na so blau und grün mit so durchfallbraun in der Mitte“

Unser Sonntagsplan:

Rein in den Zug, Karte von Manhatten (oder auch gern „Pimmel“ genannt) gezückt, Spontanität zeigen.

Ein Markt die Lexington Avenue rauf mit dem leckersten Frucht-Smoothie, den ich jemals probiert habe, die 1. Avenue wieder runter (von der ca. 50. Straße bis weit unter die 1.), auf der wir in einen übern kultigen Plattenladen von einem übern alten Platten-Opi gestolpert sind (Foto), die Entdeckung einer ziemlich runter gekommenen Psychoklinik in einer Seitenstraße, der Ekelteil von Chinatown mit einer extrem gruseligen Dreifach-Begegnung mit einem Penner der üblen Sorte, der von Lisa und Cati auf dem Nachhauseweg liebevoll „Erdmännchen“ getauft wurde, weil sein unförmiges Gesicht mit Erde und Dreck bedeckt zu sein schien, als Highlight zu Fuß auf die Manhattan Bridge.

Lustigste Unterhaltung des Tages heute (Mittwoch):

„Charlotte, what’s wrong?“

„Hanson hurt my feelings!!!“

„Charlotte, people can not hurt someone’s feelings by taking away a ball when you play soccer.“

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