
„[...]…and let birds fly above the earth across the face of the firmament of the heavens.“ (The First Book of Moses, Chapter 1, Genesis 1:20)
[Abriss zum Geburtstag im fernen Land – Das Ende des Teenager-Daseins..^^:
Zwar war es ein ganz normaler Arbeitstag für mich, aber schon am Morgen lag ein selbst gemaltes Bild meines 5-jährigen Gastsohnes auf dem Frühstückstisch, welches groß und breit in Kinderschrift CAROLiN auf sich trug. In der Karte von meinen Gasteltern steckte eine Zehnerkarte für den Zug in die Stadt. Eine nicht wahnsinnig persönliche, aber doch nicht zu undurchdachte, liebe Geste. Zwar musste ich kurz schlucken, als ich dann allein beim Frühstück, die Urlaubsfotos von Muddi aus dem Umschlag anschaute, von denen jedes einen typischen Mutti-Vers auf der Rückseite bereit hielt, aber am Nachmittag wurde alle wehmütige Stimmung wett gemacht, als ich DIE Szene meiner Kindheit wieder erlebt habe – nur jetzt erwachsen. Ich sehe noch das Kindervideo vor mir, auf dem mir Mutti demonstriert, was man mit Pusteblumen macht. Wie ein Depp stand ich da, als kleine einjährige Caro und habe erfolglos versucht, kräftig zu pusten. Heute war es Allison, die ihre Schnute verzog und sich bemühte, mich nachzuahmen. So flogen die plüschigen Teilchen vor der Abendsonne durch die 24° warme Luft und alles, was mich erfüllte, war ein Gefühl der Zufriedenheit und Überzeugung, genau richtig hier an diesem Ort zu sein und zusammen mit drei kleinen Kindern täglich diese große und komplizierte Welt ein Stück mehr kennen zu lernen. Trotz gerade mal zwei Monaten, in denen wir uns kennen, wusste die „Gäng“ schon sehr gut, dass sie mit einer Hello Kitty Kuscheldecke goldrichtig bei mir lagen… plus High School Musical Karte, die beim Öffnen Musik abspielt. Halleluja! Ein Abendessen im Diner um die Ecke beim Burger und Cola in illustrer Runde schloss den Tag mit viel Gelächter und Frohsinn ab. Außerdem war es die absolut richtige Entscheidung, meine Schlafrichtung zu ändern, denn jetzt wo ich beim Einschlafen aus dem Fenster sehen kann, hab ich trotz dunstigem, sternenlosen Vorstadthimmels die perfekte Sternschnuppe gesehen, um noch einen Wunsch abzuschicken.]
Freitag, 23.10.09, 23:19 Silver Bay, NY
Regen prasselt auf die Erde. Es klingt, als wenn Wasser durch die Wände fließt. Ca. 4 Stunden nördlich von Scarsdale – im absoluten Nirgendwo – beginne ich ein Wochenend-College-Seminar, ganz nach dem Motto „Fun, Fun, Fun“… so hieß es zumindest. Der erste Kurs morgen heißt „Creative Story Telling“.
Eine Fahrt über einen verregneten Highway liegt hinter uns. Speed Limit: 65 Mph. Wir fahren Strich 80. Wenn schon, denn schon. Nachdem mir zwei Stunden mein linker Fuß fast abgefault ist vom Nichtstun neben den Pedalen, kamen wir dann überraschend doch an einem zivilisierten Ort an. Ich hatte die Hoffnung fast schon aufgegeben, denn die Strecke nach der Highway Ausfahrt schien so abgeschieden, dass aus den Twilightwäldern rechts und links jeden Moment ein Bär hätte rausstiefeln können. Handys funktionieren hier nicht… außer man hält seine Hand an den Fahnenmast auf dem Campus, wie der grauhaarige Mike riet. Nach Inspektion unseres doch recht vornehmen Zimmers, – Luxushütte im Vergleich zur Au Pair Schule – gings noch schnell zum Willkommensschnack mit Mike und Anhang und nun sitz ich auf meinem Bett, lese Genesis der englischen Bibel, die wohl in jedem Zimmer zum Inventar gehört, und leises Tastengeratter dringt vom Laptop meiner Zimmergenossin Lisa über den schönsten Tinkerbell-Trick-or-Treat-Korb der Welt an mein Ohr. Der Kampf um die drei College-Credits kann also beginnen, mit Vorfreude auf die morgige Disco mit Kostümierung ganz im Halloweenstil.
Samstag, 23:53
Jei und jippey! Ich kann jetzt „bitch“ und „Scheiße“ in Amerikanischer Zeichensprache sagen. Der längste Kurs heute, „American Poetry“, hat mein Gehirn geweckt. Whitman, Dickinson & Co. – Dichter und Denker, die eine Art modernen Amerikanischen Schreibstil geprägt haben. Endlich mal wieder ernsthaft DENKEN. Ein Gefühl von Schule – und komischerweise außerordentlich angenehm. In unserer freien Zeit heute haben wir ein wenig das Gelände erkundet. Im Nieselregen trotteten wir am Ufer des Lake George entlang, in gelb und rot getaucht erschienen mir die Laubwälder auf den Bergen gegenüber als das friedlichste Bild, das ich seit Wochen gesehen habe. Außer Stille und Menschenleere erfüllten leichte Gedankenblasen die feuchte Luft um uns und alles war so wohltuend – spätestens der Gang durchs „Labyrinth“. Auf kleinster Fläche trugen unsere Füße uns den Weg entlang zur „Inneren Mitte“. Und ich lief und lief… Zu zweit auf diesem Feld - jeder ging seinen eigenen Träumereien nach - begegneten wir uns ab und zu, liefen aneinander vorbei, drifteten wieder auseinander. Es galt, nicht vom Weg abzukommen, um Pfützen balancierte ich über den schmalen Steinrand, um dann weiter auf dem weichen, von nassen Nadeln bedeckten Boden zu gehen, in der Hoffnung, nicht einzusinken oder mich hinzupacken. Alles Verbildlichungen unseres noch so jungen Lebens. Und ich lief und lief…
Bei der abendlichen Kostümparty hieß es Arme hoch – tanzen! Ne fiese Poison Fairy wollt ich sein. „Du siehst aus wie eine griechische Göttin.“ ...ja gut. Lisas Flügel tanzten durch die Luft und unsere Füße gaben alles, was noch in ihnen steckte.
Morgen gibt es noch mal zwei Kurse und dann düsen fünf Mädchen in der fetten Amikarre über den Highway zurück ins ferne Scarsdale. Ein Wochenende reich an neuen Bildern neigt sich dem Ende entgegen.
No comments:
Post a Comment