Monday, September 28, 2009

Gen Süden / „I sell marihuana“ & „Schnitzel is okay, but Schweinshaxen is fuckin’ great shit!“

Donnerstag, 24.09.09, 17:58

Ich sitz am Fluss am Fuße des „Hügels“, auf dem ich wohne. Dieser Bronx River stinkt nach Fisch und dementsprechend steht ein Reiher, der komischerweise weiß ist, am anderen Ufer. (Wie ekelhaft, gerade ist ein Riesenfisch oder so aus dem Wasser gesprungen.) Auf der anderen Seite rauscht der abendliche Feierabendverkehr über den Bronx River Park Way, hinter mir joggt ab und zu jemand lang und ein Zug kommt auch hin und wieder vorbei. Umzingelt von der Zivilisation, sitz ich, anstatt auf der Bank, ein paar Meter weiter direkt am Ufer und Jack Johnson düdelt aus dem Player. Meine Zigarette fühlt sich nach Feierabend an, obwohl ich die Kinder in einer Stunde wieder von der Babysitterin abhole. (Zwei Stunden hab ich heut Ruhe vor ihnen. Nachher geht’s weiter, da die Eltern auf ein U2 Konzert gehen… der pure Neid.) Die letzten Sonnenstrahlen kommen durch die Bäume. So ist das. Die Amis laufen in den Park, um zu joggen. Ich fahr mit dem Auto hin, um im Dreck sitzend eine zu rauchen. Auf diesen Gesundheitszug werd ich hoffentlich auch nicht aufspringen. Bisschen Brandenburg-Style muss sein. Ansonsten bin ich ziemlich fertig von den letzten vier Tagen. […] Ich denke an das vergangengene Wochenende zurück, das mit meinem ersten Kinobesuch hier begonnen hat. „Love happens“ – selten so’n langatmigen Film gesehen. Mittlerweile hat das Spätsommer-Sonnenbrillen-Pullover-Wetter eingesetzt und so chillten wir mit einem Banane-Schoko-Kuchen anlässlich Kerstins Geburtstag im Irvington Park am Ufer des Hudson Rivers, der ein atemberaubendes Panorama bot mit absolut freier Sicht auf Manhattans Skyline in weiter Ferne. Abends entschieden wir uns für einen kurzen Besuch auf dem Rummel, der als wir gegen zehn ankamen schon dicht gemacht wurde und dessen Gäste in Form von Footballjacken tragenden Highschoolkids schon das Feld räumten bzw. einige von Muddi abgeholt wurden. Sonntag rief auf ein Neues der Irvington Park und auf dem Weg dorthin sprangen Lisa und ich kurzerhand aus dem Auto um für je 50 cent eine Limonade und einen Eistee bei zwei 11-jährigen Jungens zu kaufen, die ihren Stand direkt vor der Haustür aufgebaut hatten. :-) […] Ouh ja, Miley Cyrus „Party in the USA“ sagt der Player und gleich les ich noch ein wenig im Twilight-Buch. Besser kann ein Amerikanischer Teenie-Tag doch nicht enden. Ein bisschen Kind sein am Tag muss ja auch mal sein, nachdem ich 10 Stunden allein erziehende Mami von drei Kleinkindern gespielt habe, denen ich „schon“ ein deutsches Wort beigebracht hab - Katze. In den letzten fünf Minuten wurde ich von bestimmt 10 Mücken gestochen (die deutschen Viecher mochten mein Blut nicht – toll!) und von 8 Joggern, sowie 7 Fahrradfahrern dumm angeguckt. „Ja, ihr Freaks, ich guck halt lieber ’nem Ekelvogel dabei zu, wie er dumm in der Gegend rum steht.“ Die fetten Amikarren brummen immer noch über den Park Way und ich versuche immer noch mein Hirn zu entspannen, bevor ich wieder zehn mal erklären muss, warum Hanson kein „Playdate“ mit seinem Best Buddy haben kann um die Uhrzeit.

Sonntag, 8:06 pm, im Tigerentendeutschland hat die neue Woche schon begonnen.

Ein wunderschönes Wochenende geht zu Ende. Samstagmittag zog es uns zum Jones Beach nach Long Island, einem der größten und, wie man sagt, „schönsten“ Strände an der Ostküste. Im tiefroten Lexus flogen wir über den Highway gen Süden, Brücken trugen uns über die Wasser- und Insellandschaften des Küstengebietes und über uns stand die Sonne. Mit Sonnenbrillen und Schals bewaffnet erreichten wir dann einen Strand, der ungelogen aus „Bay Watch“ oder „O.C. California“ hätte sein können. Trotz kaltem Wind ließ ich es mir nicht nehmen, meine Füße in den Atlantik zu stecken. Mit ein bisschen Chillen, Picknick und Schlaf bereiteten wir uns die folgenden Stunden auf die uns bevorstehende Nacht in Manhattan vor.

Zum ersten Mal seit den letzten Schlucken Wein in Deutschland trank ich an diesem Abend Alkohol, was ich aber auch genauso gut hätte sein lassen können. Wirkung blieb aus. Kurz vor 12 empfing uns die Webster Hall, nach meiner Premieren-Taxi-Fahrt in New York City. Thema des Abends war Circus. Somit rannten komisch bemalte Menschen durch die Gegend, was aber unwesentlich das typische Discoambiente beeinflusste. Viele Menschen, viel Gedrängel, viel Rumms-Mucke und unfassbar aufdringliche männliche Gäste. Aber wir wussten schon, wie wir uns einen lustigen Tanzabend machen. Das konnte uns keiner nehmen... einfach mal Hände in die Luft und abgehen! Es gab auch mehr oder minder interessante Menschen, z.B. ein Londoner, der kein Wort Deutsch spricht, aber an unserem Akzent erkennen wollte, dass wir aus Berlin kommen und Schweinshaxen, sowie Hefeweizen für „fuckin’ great shit“ hält. Spannend war auch der Black Floor im Kellergeschoss, der fast ausschließlich von Schwarzen besucht war. Es war wärmer als auf den anderen klimatisierten Floors, es roch anders und irgendwie fühlte ich mich wie die in „Save The Last Dance“ betitelte Milch, die sich versuchte mit Öl zu mischen. Lachend sagte Lisa „Ich bin einfach zu weiß für den Scheiß.“ Und trotzdem war es einfach nur ein Vergnügen, das Spektakel als unsichtbares europäisches Mädchen zu beobachten. Die zur Musik mitrappenden Jungs auf der Bühne, die der Tanzmeute einheizten oder die, ich nenn es mal „Paartänze“, wie man sie aus Ghettoclubs in Hollywoodstreifen kennt.

Nachdem wir uns ausgetanzt hatten, ging es dann zu Fuß bzw. mit der Subway Richtung Times Square, der, sagen wir mal, menschenleer war. Im Regen standen wir auf einer Verkehrsinsel in Mitten der Riesen-LED-Wände. Ich murmelte mich noch ein bisschen tiefer in meinen Poncho und schmeckte die bitteren New Yorker Regentropfen, die warm auf uns herunter fielen und irgendwie genoss ich eine der letzten warmen Sommernächte in diesem Jahr. Vor McDonalds, der noch von wenigen anderen Nachtschwärmern besucht war, hielt ich um fünf Uhr morgens dann noch ein Pläuschchen mit einem ca. 45-jährigen, ziemlich runden Jamaikaner, der sofort, wie übrigens jeder andere auch hier, erkannt hat, woher wir kommen, noch unterwegs war um die Zeit, um Marihuana zu verkaufen, und der, wie er sagte, sich vor den deutschen Frauen fürchtete, da sie so groß seien.

Heute bin ich dann mit Lisa R. in die Über-Mall auf der anderen Seite des Hudson Rivers gefahren, da unsere müden Körper zu nichts anderem als zum Shoppen zu gebrauchen waren. Erstmals legte sich der penetrante Parfumdunst im „Abercrombie & Fitch“ auf meine Zunge, welches ein überteuerter Klamottenladen ist, der Menschen an der Kasse zu stehen hat, die Roboter zu sein scheinen, die dafür programmiert wurden, dass man sich in sie verliebt, so gut aussehend waren sie. Nochmals einen Spaziergang im warmen Abendgrau durch den Regen wagten wir heute Abend. Bagels schmatzend werteten wir das Wochenende aus.

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