
Scarsdale, NY, 08/25/09, 7:58 AM
…es ist kurz vor acht und ich kann nicht mehr schlafen. Die amerikanischen Vögel haben nämlich leider überhaupt kein Talent zum Singen und so hat mich ein schief krähendes Vieh wach gebrüllt. Aber auch so bräuchte ich eigentlich keinen Wecker. ^^
Ich habe geträumt, aus irgendeinem Grund noch mal nach Deutschland zurück gefahren zu sein.
Mein Kopf ist noch ziemlich leer. Eigentlich habe ich so viel zu erzählen, aber ich kann mich noch nicht sortieren. Ich geh erstmal ziemlich amimäßig ne Runde joggen.
…
Hm, ich frag mich, wie lange es dauern wird, bis das Beschissenfühlen jeden Morgen vergeht. Ich schätze, auch hierfür brauche ich Geduld, Geduld und Geduld. Das Wichtigste, wenn man so ein Jahr startet, ist geduldig sein, habe ich gelernt, obwohl das wirklich das letzte ist, was mir gut liegt. So ist es mit dem Bedürfnis zu rauchen, den Fragen, ob das nun wirklich mein Leben für ein Jahr sein soll, dem Wunsch, sich endlich zu Hause fühlen zu wollen, den Angstanfälle, den Gedanken an zu Hause und ob man alles noch so vorfindet, wenn man zurückkommt. Und was ist dann? Ja, ich mache mir jetzt schon nen Kopf darüber, was ist, wenn das Jahr vorüber ist. Ihr seht, alles ist durcheinander und braucht wahrscheinlich Zeit, geordnet zu werden. Das Selbstfindungs-Jahr kann also beginnen…
12:05 AM, quasi 00:05
..die Deutschen stehen schon wieder auf. Mir fallen ganz arg die Augen zu.
Alles wird von Tag zu Tag besser. Ich gewöhne mich an die Kinder, lerne sie kennen und verstehe langsam, wie jedes von ihnen tickt. Sie sind voller Energie, wahnsinnig anstrengend, laut – aber bis jetzt hören sie noch auf mich. :-)
Schon jetzt, nach fünf Tagen bei einer „neuen“ Familie, in einer neuen Stadt, in einem fremden Land, dass ich bisher nur aus dem Fernsehen und aus Büchern kannte, stelle ich fest, wie interessant es ist, zu sehen, was mit mir selbst passiert: Wie ich auf diesen Schwall an neuen Eindrücken reagiere, wie ich merke, dass etwas mir komplett Fremdes langsam vertrauter wird, wie sich meine Stimmung über den Tag hin entwickelt - von absolut furchtbar und einsam am Morgen bis hin zu jubelnd und voller Lachlaune am Abend. Der schlimmste Tag war Sonntag. Als Muddi anrief, war alles vorbei. Los – flennen! So „stark“ ich die ganzen Tage auch war, irgendwann begann ich dann doch zu realisieren, dass ich mein Vertrautes von zu Hause für eine Weile stehen gelassen hab und ich so langsam in dem Leben angekommen bin, dass für mich für das nächste Jahr bestimmt ist. Und obwohl es nichts Endgültiges ist (dafür bin ich schließlich für ein Jahr hergekommen – damit mir irgendwann einfällt, was ich denn wirklich gern machen möchte in den nächsten Jahren), frage ich mich permanent, ob das alles das Richtige ist. Ziemlich überflüssig, hm? So kitschig und klischeehaft es auch klingen mag – einmal Muddi anner Strippe, schon sieht die Welt viel besser aus! Die letzten drei Abende habe ich jeweils mit unterschiedlichen Menschen verbracht. Anderen Au Pairs, meist deutschen. Das Gebiet, in dem ich lebe, ist eine Au-Pair-Hochburg. Da fällt es leicht, schnell neue Kontakte zu knüpfen. Ungünstigerweise nicht zu Einheimischen, aber für den Anfang mehr als genug. Ob sich aus dem ein oder anderen Kontakt nun so etwas wie eine Freundschaft entwickeln kann, ist fraglich.
...und heute auf der Vermissen-Liste:
- manuelle Gangschaltung
- Autobahn
- gute Schokolade
- Zigarettenkonsum
- deutsches Bier!
Es ist zumindest viel wert, mit einem guten Gefühl einzuschlafen.
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